BOKU-Wissenschafter untersuchen Radioaktivität in der KZ-Gedenkstätte „Bergkristall“ (29.03.2012)

Am 28. März 2012 führten Prof. Franz Josef Maringer und Dr. Andreas Baumgartner von der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) erste Strahlungsmessungen und Radioaktivitätsuntersuchungen in der Stollenanlage „Bergkristall“ (St. Georgen an der Gusen, OÖ) durch. In der Vorwoche war durch Strahlungsmessungen eines Dokumentarfilmteams der Verdacht auf erhöhte Radioaktivität innerhalb der Anlage aufgekommen. Die jetzt von den BOKU-Experten durchgeführten wissenschaftlich fundierten Messungen ergaben Werte, die im erwartungsgemäßen Bereich für die lokale geologisch bedingte natürliche Strahlung unter Tage lagen: Innerhalb der Stollenanlage wurden vorerst keinerlei Hinweise auf eine ungewöhnlich erhöhte Radioaktivität künstlichen Ursprungs gefunden. Zusätzlich zu den Strahlungsmessungen wurden einwöchige Radonmessungen gestartet und zahlreiche Bodenmaterial-Proben aus der Anlage zur Laboranalyse entnommen. Die Proben werden in den kommenden Wochen in einem Speziallabor der BOKU zur Analyse geringster Radioaktivitätsspuren in der Umwelt (Low-Level Counting Laboratory Arsenal) genauestens radiometrisch untersucht. In diesem Labor können bereits geringste Spuren künstlicher Radionuklide nachgewiesen werden, die einen Hinweis auf mögliche historische nukleartechnische Tätigkeiten in der Anlage während des zweiten Weltkrieges geben könnten. Ende nächster Woche werden die BOKU-Wissenschafter dem Inhaber und Betreiber der Gedenkstätte, der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), einen ersten Zwischenbericht vorlegen. Nach Auswertung der Laboruntersuchungen und Radonmessungen wird die BOKU in etwa vier Wochen ein fundiertes Gutachten über die radiometrische Situation in der Stollenanlage und allenfalls notwendige Strahlenschutzmaßnahmen erstellen. Untersuchungen natürlicher und künstlicher Radioaktivität in der Umwelt und dadurch bedingter Strahlenexposition von Menschen werden an der BOKU seit geraumer Zeit routinemäßig und auf höchstem wissenschaftlichen Niveau im Rahmen angewandter Forschungsprojekte und universitärer Dienstleistung durch das Prüflabor für Umweltradioaktivität und Strahlenschutz PLUS angeboten. Neben der Strahlenbelastung durch künstliche Quellen hat die Exposition durch natürliche Strahlenquellen wie z.B. Radon aufgrund der geologischen Situation in Österreich eine besondere Bedeutung. Mehr als die Hälfte der durchschnittlichen Strahlenexposition der Bevölkerung in Österreich wird durch das natürliche Radon verursacht und führt ohne Maßnahmen für einige hundert Menschen pro Jahr zu einer Lungenkrebserkrankung. Auf dem Gebiet des Schutzes vor ionisierender Strahlung durch natürliche Strahlenquellen ist daher noch viel zu tun. Die BOKU ist für diese wichtige Aufgabe des Strahlenschutzes und der damit verbundenen Gesundheitsvorsorge sowohl von der Fachexpertise als auch von den Laborressourcen her bestens gerüstet. Kontakt / Rückfragen: Univ.-Prof. DI Dr. Franz Josef Maringer
BOKU Wien / Low-Level Counting Laboratory Arsenal (LLCL)
franz-josef.maringer(at)boku.ac.at DI Dr. Andreas Baumgartner
BOKU Wien / Prüflabor für Umweltradioaktivität und Strahlenschutz (PLUS)
a.baumgartner(at)boku.ac.at