Ohne "Proporz" geht es (auch) bei Pflanzen nicht. Eine Forschergruppe um Christian Luschnig (DAGZ) klärt die grundlegende Rolle des Faktors "PROPORZ1" in der Zelle.

Proporz ist nicht nur bei der Verteilung von Ämtern ein entscheidender Faktor, sondern auch bei der Entwicklung von Pflanzen. Bei der Aufklärung von grundlegenden Wachstumsmechanismen auf molekularer Ebene sind Wissenschafter um Christian Luschnig vom Department für Angewandte Genetik auf ein Protein namens "PROPORZ1" gestoßen, ohne das eine Pflanzenentwicklung unmöglich ist. Die Arbeiten wurden in der jüngsten Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift "PNAS" veröffentlicht.

Einer der Ausgangspunkte für die Boku-Wissenschafter war die Frage, wie es eine Pflanzenwurzel schafft, im Zuge des Wachstums ein Hindernis zu umgehen und dann wieder in die korrekte Richtung zu streben. Dabei stießen Luschnig und seine Mitarbeiter unter anderem auf das Pflanzenhormon Auxin. Es zeigte sich, das es vom Auxin-Gehalt in verschiedenen Teilen der Zelle abhängt, ob neue Strukturen gebildet werden. Nicht nur das Wurzelwachstum, etwa auch die Ausbildung von Blüten oder die Entstehung neuer Strukturen hängen vom Auxin-Spiegel ab.

Nach der Klärung im Vorjahr, wie der Auxin-Gehalt auf molekularer Ebene gesteuert wird, sind die Forscher nun durch Untersuchungen an der Modellpflanze Arabidopsis einem weiteren Mechanismus auf die Spur gekommen. "Damit die von Auxin ausgelösten Genexpressionen richtig gesteuert werden, bedarf es eines Faktors namens „PROPORZ1", erklärt Christian Luschnig.

Dieses Protein moderiert gleichsam die Tätigkeit der Histone, die für Verpackung der Erbsubstanz verantwortlich sind. Damit ein Gen abgelesen oder exprimiert werden kann, muss es zuvor entpackt werden. Fehlt "PROPORZ1", so kommt es bei hohem Auxin-Gehalt zwar zum Wachstum, aber dieses Wachstum ist völlig unkoordiniert. Es entsteht sogenanntes Kallus-Gewebe, das wie Krebs undifferenziert ist.

Die sogenannte Morphogenese, also die Bildung von Körperstrukturen ist bei höheren Tieren - und auch beim Menschen - nach der Embryonalentwicklung mehr oder weniger abgeschlossen. Im Gegensatz dazu können Pflanzen während ihres Lebens jederzeit neue Wurzeln, Ästchen oder Triebe bilden und dieses Wachstum auch dem Umfeld anpassen.

(Meldung der APA vom 18. Mai 2010)


25.05.2010