Kann sich der österreichische Wald an den Klimawandel anpassen? (06.03.2013)

Aktuelle Ergebnisse aus dem Forschungsprogramm StartClim In den letzten Jahrzehnten sind Schadensfälle in Österreichs Wäldern häufiger aufgetreten und in ihrem Ausmaß gestiegen. Änderungen in der Waldstruktur und der Klimawandel sind die maßgeblichen Faktoren für diese Entwicklung. In vier 2012 durchgeführten StartClim-Projekten wurden Einflussfaktoren, mögliche Regulationsmechanismen und Potentiale des heimischen Waldes im klimatischen Stress beleuchtet. Die Anpassung an den Klimawandel ist seit 2008 zentraler Ausgangspunkt für StartClim-Projekte. Die Ergebnisse fließen in die Umsetzung der österreichischen Strategie zur Anpassung an den Klimawandel ein. Störungsmanagement
Wind, Borkenkäfer und Schnee verursachten in den Jahren 2002 bis 2010 den größten Schaden in heimischen Wäldern, der bis zu einem Drittel des durchschnittlichen Holzeinschlages ausmachte. Gezielte Waldbewirtschaftung kann jedoch wesentliche Entlastung bringen. Die Steuerung von Waldzusammensetzung und –struktur, die Verringerung von Stammschäden und die Änderung von Waldbausystemen zählen zu den wichtigsten Maßnahmen. Die Untersuchungen zeigen, dass die bedeutendste Rolle bei Waldschäden die Zusammensetzung der Baumarten spielt: Je höher der Anteil an Nadelhölzern, desto größer der mögliche Schaden. Steigende Temperaturen und Schwankungen in der Wasserversorgung werden mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem weiteren Anstieg von Schäden in Österreichs Wäldern führen. Der verstärkte Aufbau von Baumbeständen, die an die Gegebenheiten des jeweiligen Standortes angepasst sind und weitere waldbaulichen Maßnahmen sind vielversprechende Schritte im Störungsmanagement, wobei die entsprechend langen Vorlaufzeiten bis zum Wirksamwerden zu berücksichtigen sind. Bodentrockenheit – Baumarten im Vergleich
Pflanzen verfügen über einen Regulationsmechanismus, mit dem sie Austrocknung und damit verbundene Schäden am Gewebe vermeiden. Dieser Regulationsmechanismus beeinflusst den forstlichen Ertrag, das bodennahe Klima und den Wasserhaushalt von Ökosystemen und Landschaften. In der Literatur gibt es nur wenige nutzbare Angaben darüber, wie die unterschiedlichen Baumarten auf Bodentrockenheit reagieren. In einem Experiment mit eingetopften Jungbäumen zeigt sich, dass Nadelbäume die bessere Strategie für den Umgang mit Trockenperioden haben. Sie reagieren frühzeitiger als Laubbäume und starten bereits bei beginnendem Wasserstress mit ihrem Regulationsmechanismus. Dadurch erleiden sie weniger Embolien als Laubbäume. Können diese Beobachtungen bei Bäumen an ihrem natürlichen Standort bestätigt werden, hat dies Einfluss auf die Waldbewirtschaftung: wegen der künftig möglicherweise häufiger auftretenden Trockenphasen könnten manche Nadelbaumarten für die Aufforstung an Bedeutung gewinnen. Heimische Baumarten im Klima-Stresstest
Der Einsatz nichtheimischer wärmeliebender und trockenresistenter Baumarten als Antwort auf den Klimawandel kann auch erhöhte Risiken wie Schädlingsbefall und Sturmanfälligkeit mit sich bringen. Daher soll das Potential der in Österreich heimischen Arten gegenüber klimatischen Stressfaktoren wie Trockenheit oder Extremtemperaturen erfasst und genutzt werden. Für 22 einheimische Baumarten wurden die jeweils trockensten zehn Prozent der Standorte lokalisiert und charakterisiert. Bäume aus diesen Beständen sind besonders trockenstresstolerant und können zur Gewinnung von forstlichem Vermehrungsgut herangezogen werden. Der für diese Erhebung erstellte Datenpool steht interessierten NutzerInnen für die Herkunftssuche zur Verfügung. Inwieweit Bäume dieser Herkunftsgebiete jedoch dem Klimawandel im Laufe der nächsten 100 Jahre gewachsen sind, gilt es noch zu untersuchen. Der Buchdrucker, ein gefürchteter Schädling
Massenvermehrungen des Buchdruckers (Ips typographus), einer Borkenkäferart, stellen derzeit für die fichtendominierten Wälder Mitteleuropas ein großes forstwirtschaftliches Problem dar. Neben der hohen Vermehrungskapazität tragen hauptsächlich klimatische Bedingungen zur hohen Populationsdichte bei. Experimente im voralpinen Gebiet zeigen, dass hohe Schadholzmengen durch Borkenkäferbefall nur nach Extremereignissen wie Lawinen auftreten, und nur wenn gleichzeitig große Bestände an bruttauglichen Bäumen für die Käfer zur Verfügung stehen. Ein Zusammenhang zwischen Temperatur, Anzahl von Käfergenerationen und Neubefallsrate von Bäumen konnte bislang nicht festgestellt werden. Inwieweit die zu erwartende deutliche Temperaturzunahme bis zur Mitte des 21. Jahrhunderts die Verbreitung des Buchdruckers beeinflussen wird, bedarf weiterer Untersuchungen. Forschungsprogramm StartClim
StartClim wurde im Jahr 2003 auf Initiative von WissenschafterInnen vom Lebensministerium mit dem Ziel gegründet, die Folgen des Klimawandels zu untersuchen und Gegenmaßnahmen zu entwickeln. In Projekten mit einer Laufzeit von etwa zehn Monaten wurden bisher von über 100 österreichischen WissenschafterInnen Klimafolgen untersucht. StartClim wird wissenschaftlich von Univ.-Prof. Dr. Helga Kromp-Kolb vom Institut für Meteorologie der Universität für Bodenkultur Wien geleitet und vom Umweltbundesamt administrativ betreut. Die im Jahr 2012 durchgeführten StartClim-Projekte wurden von BMLFUW, BMWF und den Österreichische Bundesforsten finanziert. Weitere Informationen:
StartClim: www.austroclim.at/startclim
AustroClim: www.austroclim.at/ Anpassungsstrategie:
http://www.lebensministerium.at/umwelt/klimaschutz/klimapolitik_national/anpassungsstrategie.html AnsprechpartnerInnen:
Univ.-Prof. Dr. Helga Kromp-Kolb, Institut für Meteorologie der Universität für Bodenkultur Wien, mobil: 0664 325 9704, E-mail: helga.kromp-kolb@boku.ac.at Mag. Sabine Enzinger, Pressestelle Umweltbundesamt,
Tel.:01/31304-5488; E-mail: sabine.enzinger@umweltbundesamt.at