Für die Zukunft lernen in Afrika (24.07.2007)

Die BOKU Wien bildet in Afrika Studierende in ökologischer Landwirtschaft aus und trägt damit zur Armutsreduktion und Ernährungssicherung bei In einigen Jahren könnte Ostafrika an die Spitze der globalen Bioszene rücken: Allein in Uganda gibt es 40.000 zertifizierte BiobäuerInnen. „Die Anzahl der umstellungsbreiten BäuerInnen steigt täglich“ berichtet Michael Hauser vom Research for Development Forum der BOKU Wien. Viele der BäuerInnen können sich Mineraldünger und Spritzmittel einfach nicht leisten; landwirtschaftliche Erträge sind oft um das zehnfache geringer als in Europa. Ökologische Landwirtschaft kommt ohne diese Betriebsmittel aus, ist an die Umweltbedingungen angepasst und steigert die landwirtschaftliche Produktivität oft um ein vielfaches. Hinzu kommt das bis zu 25 Prozent höhere monatliche Haushaltseinkommen. „Damit kaufen sich die BäuerInnen Medikamente zur Behandlung von Malaria oder bezahlen das Schulgeld für ihre Kinder“, so Hauser.

Doch die ökologische Landwirtschaft Ostafrikas hat Sorgen mit dem akademischen Nachwuchs. „Die landwirtschaftlichen Ausbildungen an ostafrikanischen Universitäten nehmen kaum Bezug auf ökologische Landwirtschaft“, bekennt Professor Moses Tenywa von der renommierten Makerere Universität Kampala in Uganda. Viele Lehrpläne orientieren sich immer noch am Primat der ‚Grünen Revolution’ - trotz des Bio-Booms. „Damit stehen wir vor umfassenden curricularen Reformbedarf“, so Tenywa. Die ökologische Landwirtschaft braucht dringend ExpertInnen mit Kenntnissen in der Produktion, Verarbeitung und Vermarktung von Biolebensmitteln. Wissensdefizite zu Bio werden oft durch den kostspieligen Zukauf von Expertisen aus Europa ausgeglichen. Nichtregierungsorganisationen und der Biohandel regen deshalb seit Jahren eine Neuausrichtung der universitären landwirtschaftlichen Ausbildung an ostafrikanischen Universitäten an.

In Uganda arbeiten BOKU-WissenschafterInnen mit ihren ostafrikanischen KollegInnen am Aufbau eines umfassenden Ausbildungsprogramms zur ökologischen Landwirtschaft. Ziel ist die Sensibilisierung von Studierenden in Richtung Bio. Projektleiter Hauser: „Im Rahmen des zur Zeit laufenden dreiwöchigen internationalen Intensivkurses machen wir 31 ostafrikanische und 5 europäische TeilnehmerInnnen mit den aktuellen Herausforderungen des Bio-Sektors in Uganda vertraut“. Der Kurs wird aus Mitteln der Österreichischen Entwicklungszusammenar­beit finanziert.

Ein gutes Drittel der Ausbildungszeit erfolgt Nahe der Grenze zur Demokratischen Republik Kongo. Dort arbeiteten Studierende mit BäuerInnen und BeraterInnen an Strategien zur Umstellung auf zertifizierte Biolandwirtschaft. Die Umstellung auf Bio ist dort nicht immer einfach. Dünger- und pflanzenschutzmittelintensiver Tabak steht in Konkurrenz zu Bio. Für die BäuerInnen darf es keinen Verlust des ohnedies schon geringen Haushaltseinkommens geben - viele leben unter der Armutsgrenze von einem US-Dollar pro Tag. Einige der BäuerInnen sind nun auf Bio-Ingwer umgestiegen. Studierende des Kurses errechneten, dass BäuerInnen damit weit mehr verdienen können als mit Tabak. Diese Form des kollaborativen Lernens hat sich bewährt.

Am Kurs nehmen auch Studierende der BOKU Wien, der Uni Wien und einer dänischen Universität teil. Die europäischen TeilnehmerInnen sind voll integriert und Teil eines umfassenden, interkulturellen Lernkonzeptes. „Das Ausbildungsprogramm ist praxisnahe und integriert Erfahrungen aus Politik, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und der Privatwirtschaft im Rahmen von Vorträgen, Exkursionen und Feldarbeit“, erklärt Rob Delve, Wissenschafter am Internationalen Zentrum für Tropische Landwirtschaft in Kampala. Er betreut die Studierenden bei ihren Feldarbeiten.

„Durch den Kurs werden nicht nur Studierende mit ökologischer Landwirtschaft vertraut, sondern es wird auch zum Aufbau von Kapazitäten innerhalb universitärer Strukturen in Ostafrika beigetragen“, verdeutlicht Prof. Method Kilasara von der landwirtschaftlichen Universität in Morogoro, Tansania. In Tansania wird ökologische Landwirtschaft immer wichtiger – so möchte z.B. die Urlauberinsel Sansibar vollständig auf ökologische Landwirtschaft umstellen. Um dies zu ermöglichen braucht es nicht nur BäuerInnen mit Interesse an Biolandwirtschaft, sondern auch lokale ExpertInnen, die die BäuerInnen bei ihrer Umstellung auf Biolandwirtschaft unterstützen, ohne deren Ernährungssicherung aufs Spiel zu setzen. Genau dies lernen Studierende in Uganda.
Facts & Figures

  • Ostafrika ist führend in der Produktion und Vermarktung von Bioprodukten, in Uganda existieren 40.000 Biobetriebe (in Österreich rund 20.000)
  • Die BOKU hat mit dem Research for Development Forum (DEV-Forum) eine eigene Einrichtung zur Entwicklung von Strategien zur Armutsreduktion in armen Ländern
  • Die Austrian Development Agency (ADA) finanziert den Bio-Kurs in Ostafrika aus Mitteln der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit

Weblink: www.boku.ac.at/9380.html Kontakt / Rückfragen:
Dr. Michael Hauser, BOKU Wien
(01) 47654-3766, michael.hauser(at)boku.ac.at

Hochauflösendes Bildmaterial auf Anfrage:
michael.hauser(at)boku.ac.at