Fusarium graminearum Genom-Forschung unter Beteiligung von BOKU-Wissenschaftern (07.09.2007)

Fusarium graminearum Genom-Publikation in "Science"

Im Wissenschaftsmagazin "Science" vom 7. September 2007 berichtet ein
großes internationales Forscherteam (29 Wissenschafter aus USA und
Kanada, und 16 aus Europa, darunter Ao. Prof. Dr. Gerhard Adam und Dr.
Rudolf Mitterbauer von der BOKU Wien) über die Ergebnisse der
Genomforschung am Schimmelpilz Fusarium graminearum. Dieser
pflanzenpathogene Pilz kann bei günstiger Witterung Getreide, Mais und
verschiedene andere Pflanzen befallen. Dabei produziert der Pilz
toxische Substanzen (Mykotoxine) die in Getreideprodukten sehr häufig
vorkommen und in höheren Konzentrationen eine Gefahr für die Gesundheit
von Menschen und Nutztieren darstellen. Zwar gibt es in der EU seit 2005
Mykotoxingrenzwerte für Nahrungsmittel, diese lösen das Problem aber
nicht wirklich. In Problemjahren könnte ein Großteil der Ernte nicht
mehr für den menschlichen Verzehr geeignet sein.

Ziel des internationalen Forscherteams war es nun herauszufinden,
welche Mechanismen und Gene speziell Fusarium graminearum befähigen
verschiedene Wirtspflanzen zu befallen, deren Abwehrmechanismen zu
überwinden oder zu unterdrücken. Dazu wurde mit Mitteln des US
Landwirtschaftsministeriums von einem Fusarium-Isolat die vollständige
Genomsequenz ermittelt. Die Genomgröße beträgt etwas mehr als 36
Millionen Basenpaare. Zwei unabhängig durchgeführte bioinformatische
Analysen ergaben, dass der Pilz etwa 13.000 Gene besitzt. Mit dieser
Information über vorhergesagte Gene wurde ein Affymetrix Gen-Chip
hergestellt und dazu verwendet, die Expression aller dieser Gene unter
verschiedenen Bedingungen, und insbesonders während des Befalls von
Gerste, zu untersuchen. Mit Teilsequenzen eines anderen Isolates konnten
über 10.000 Sequenzunterschiede (Polymorphismen) identifiziert werden.
Das wichtigste Ergebnis dieser Untersuchungen war, dass diese
Unterschiede gehäuft in bestimmten Regionen, insbesonders nahe der
Chromosomen-Enden auftraten, und dass in diesen besonders variablen
Regionen überproportional viele Gene lokalisiert sind, die nur „in
planta“ exprimiert werden, überwiegend für sekretierte Proteine
kodieren, und für Proteine, die nur in F. graminearum vorkommen, nicht
jedoch in verwandten Pilzen. Dies legt die Vermutung nahe, dass diese
besonders variablen Regionen Gene enthalten, die dem Pathogen eine
rasche Anpassung an den Wirt erlauben und für die hohe Virulenz
besonders wichtig sind. Überdies hat der Pilz ein ungewöhnlich großes
Repertoir an Genen, die für Enzyme zur Synthese von Sekundärmetaboliten
kodieren, wobei nur für einen geringen Teil bekannt ist, welche
Substanzen produziert werden.

Die Forschungen der Arbeitsgruppe Adam und des Münchner Bioinformatik
Partners Dr. Ulrich Gueldener, der die Fusarium Genomdatenbank
(http://mips.gsf.de/genre/proj/fusarium/) entwickelte, wurden vom
österreichischen Genomforschungsprogramm GEN-AU finanziert. In einem
von Gerhard Adam koordinierten Pilot-Projekt der ersten Phase
(http://www.gen-au.at/) hat ein interdisziplinäres BOKU-Team
bestehend aus Molekularbiologen des Instituts für Angewandte Genetik und
Zellbiologie, aus analytischen Chemikern des IFA Tulln bzw. Christian
Doppler Labors für Mykotoxinforschung, aus Phytopathologen und
Pflanzenzüchtern des IFA Tulln, verstärkt durch Forscher von der TU
Wien, des ARC Seibersdorf und einer Züchterin der Fa. Saatzucht Donau
versucht, die Erkenntnisse über Virulenzfaktoren des Pilzes möglichst
rasch in die Züchtung resistenter Pflanzen umzusetzen. So stellte sich
beispielsweise heraus, dass eine hochresistente chinesische Weizensorte
eine besonders stark ausgeprägte Fähigkeit hat, das Pilzgift
Deoxynivalenol durch Verknüpfung mit einem Glucosemolekül zu entgiften.


Die Analyse des Fusarium-Genoms an der BOKU hat einen neuen möglichen
Angriffspunkt für die Bekämpfung von Fusarium ergeben. Der Pilz benötigt
zur Herstellung vieler Toxine ein zentrales Enzym
(Phosphopantetheinyltransferase). In zukünftigen Forschungen des BOKU
Teams soll untersucht werden, ob es nicht für den Menschen unbedenkliche
Pflanzeninhaltsstoffe gibt, die dieses Enzym blockieren, und somit das
pathogene Potential des Pilzes stark reduzieren.

Bildmaterial kann auf Anfrage bereitgestellt werden.

Kontakt / Rückfragen:
Ao. Prof. Dr. Gerhard Adam
Institut für Angewandte Genetik und Zellbiologie
VIBT- Vienna Institute of BioTechnology
BOKU Wien
1190 Wien, Muthgasse 18
+43-1-36006-6380
gerhard.adam(at)boku.ac.at