Vom 15.-18. Mai findet in der Wiener Hofburg die 22. Tagung der European Society for Animal Cell Technology (ESACT) statt – organisiert von BOKU-ProfessorInnen Hermann Katinger und Nicole Borth (DBT-BOKU).

Die Gentechnik steckte noch in den Kinderschuhen als in den späten 70er Jahren die European Society for Animal Cell Technology ESACT gegründet wurde - mit der Zielsetzung, die technologische Nutzung von tierischen Zellen zu fördern. 35 Jahre später treffen sich knapp 1000 internationale Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu einem hochrangigen Kongress in Wien, organisiert von Prof. Hermann Katinger, der schon an der Gründung der Gesellschaft beteiligt war, und Prof. Nicole Borth, beide DBT-BOKU. Im Fokus der mehrtägigen, wissenschaftlichen Tagung stehen Fragestellungen wie etwa die Nutzung und Umsetzung neuer zellbasierter Therapien sowie die großtechnische Herstellung von humanen Therapeutika wie Antikörper oder Zytokine, aber auch von Impfstoffen.  Obwohl man vor 30 Jahren dachte, mit der Entwicklung der rekombinanten Gentechnik in Bakterien eine Lösung für die einfache und kostengünstige Herstellung neuer Therapien gefunden zu haben, stellte sich schnell heraus, dass dies eine Sackgasse war. Bakterien sind nicht imstande, bestimmte Proteine auf eine Art und Weise herzustellen, die ihre biologische Aktivität erhält und gleichzeitig verhindert, dass sie für das menschliche Immunsystem als fremd erscheinen. 1987 kam dann das erste therapeutische Protein auf den Markt, das rekombinant in einer etablierten Säugetierzelllinie hergestellt wurde: Der humane Plasminogenaktivator diente als Therapeutikum bei Herzinfarkt oder Schlaganfall zur Entfernung von Blutgerinnsel. Seither ist der Markt an solchen Biologika, wozu auch die bekannten humanen Antikörper zählen, kontinuierlich gewachsen. Derzeit umfasst dieser Markt einen jährlichen Umsatz von rund 100 Milliarden Euro. Gleichzeitig drängen neue Therapien auf den Markt, die Zellen nicht als Vehikel für die Produktion von Therapeutika, sondern selbst als therapeutisches Produkt, als Ersatz für erkranktes Gewebe oder für Immuntherapien, verwenden. 2010 wurde die erste solche Immuntherapie gegen Prostatakrebs von der FDA genehmigt. Chris Ramsborg wird über die Erfahrungen, die das Unternehmen Dendreon bisher mit dieser Therapie und ihrer technischen Umsetzung machen konnte, bei ESACT 2011 berichten. In den Gründungsjahren der angewandten Zellkultur fanden sich Spezialisten aus verschiedenen Fachgebieten, wie etwa Biotechnologen, Prozesstechniker, Biologen und Materialspezialisten sowie Mediziner zusammen, um durch gemeinsame Diskussionen und Zusammenarbeit Lösungen für praktische Probleme zu finden. Die Tatsache, dass humane Therapeutika heute einen derart großen Markt darstellen, zeigt, dass dies erfolgreich war. Mit dem Aufkommen der oben beschriebenen neuen, zellbasierten Therapien kommen wieder neue Fragestellungen auf die Scientific Community zu. Durch das Vordringen dieser Technologien in die tägliche Praxis der Spitäler ergeben sich wesentliche Aspekte bezüglich Sicherheit und Qualitätskontrolle in der praktischen Umsetzung, die eines der zentralen Themen bei diesem Kongress sein werden. Im traditionellen Bereich der Impfstoffherstellung hat sich in den letzen Jahren, seit dem Aufkommen der Vogelgrippe, auch sehr viel getan, wobei die österreichische Niederlassung der Baxter Innovations GmbH in Wien und Orth an der Donau eine treibende Rolle gespielt hat. Traditionellerweise wurden viele Impfstoffe in kontrolliert gezüchteten Hühnereiern hergestellt. Neben der Tatsache, dass einige Patienten allergisch auf Reste von Hühnereiweiß in diesen Impfstoffen reagieren, war das größere Problem die Tatsache, dass durch die beschränkte Verfügbarkeit von Eiern die rasche Produktion von Impfstoff limitiert war und gerade bei einem massiven Auftreten der Vogelgrippe nicht genügend Eier vorhanden sein würden und diese potentiell gerade mit dem Vogelgrippevirus kontaminiert sein könnten. Die Industrie hat daher in den letzten Jahren vermehrt auf eine Herstellung von Impfstoffen in Zellkulturen hingearbeitet, sodass heute der Großteil der Influenzaimpfstoffe nicht mehr in Eiern, sondern in kontrollierten Bioreaktoren hergestellt werden. http://www.esact2011.com


27.04.2011